Heuchera - Sichtung

Heuchera-Sichtung

Informationen zur Sichtung (2004)

Zur Überprüfung der Sortenechtheit wurden 1998 alle im Handel erhältlichen Heuchera-Arten und Sorten in Weihenstephan aufgepflanzt. Die sortenechten Pflanzen wurden 1999 durch die Fa. Zillmer, Uchte, vermehrt. Die Beurteilung des Gartenwerts von 65 Arten und Sorten erfolgte von 2000 - 2003 in Erfurt, Hannover, Höxter, Hohenheim und Weihenstephan. Wesentliche Prüfkriterien waren Blattschmuck, Blütenschmuck, Vitalität, Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen, Winterhärte und Winteraspekt. Neben der dauerhaften Verwendung der Pflanzen in Garten und Park werden die Purpurglöckchen vermehrt zur saisonalen Verwendung in Kübel und Balkonkästen hergenommen. Dieser Verwendungszweck wurde bei der Sortenprüfung jedoch nicht berücksichtigt.

Informationen zur Pflanzengruppe

Heuchera sind gleichermaßen Blüten- wie Blattschmuckstauden. Die Farbpalette der Blüten umspannt neben rosafarbenen und purpurroten Tönungen auch weißes, grünliches und feurig rotes Kolorit. Die farbliche Vielfalt im Sortiment wird durch eine große Zahl verschiedenartiger Blattfarben ergänzt. Neben rein grünen Varianten finden sich Sorten mit purpur- und neuerdings ocker- bis orangegelbem Laub. Silbrige oder braune Zeichnungen erhöhen die Mannig-faltigkeit der unterschiedlich stark gelappten Blattspreiten.

Einige wenige Purpurglöckchen, insbesondere Heuchera villosa und davon abstammende Formen, halten noch im schattigen, durch Wurzelkonkurrenz trockenen Umfeld von Gehölzen gut aus. Die meisten Zuchtformen bevorzugen jedoch einen frischen bis feuchten, durchaus nährstoffreichen Untergrund. Neben der Verwendung an licht- bis streuschattigen Gehölzrand- und Waldlichtungssituationen bieten sich Standorte an sonnigen Gartenplätzen an. Da zahlreiche Sorten ansprechende Blütenstände, niedrige Blatthorste und eine zierende - bei günstigem Witterungsverlauf nahezu wintergrüne - Belaubung aufweisen, eignen sie sich gut zur Pflanzung im Vordergrund von Rabatten. Für die purpurlaubigen Varianten empfiehlt sich sogar ein sonniger Wuchsort, zeigen doch nahezu alle der dunkellaubigen Formen die Eigenschaft, dass ihr Laub bei zunehmender Beschattung vergrünt. Kleinwüchsige Arten und Sorten (z.B. H. grossulariifolia, H. pulchella) finden in absonnig gelegenen Steingartenpartien zusagende Pflanzplätze.

Informationen zur Sichtung (2016)

Noch mehr Heuchera!

Ein umfangreiches Heuchera-Sortiment mit mehr als 60 Sorten wurde bereits von 1998 bis 2003 auf seinen Verwendungswert in Gärten und Parkanlagen geprüft. In der Gartenpraxis 12/2004 wurden die Ergebnisse dieser Sichtung ausführlich vorgestellt. Wer damals annahm, dass nach der nahezu explosionsartigen Sortimentsausweitung in den 1990er-Jahren die Gier nach neuen Heuchera schon weitesgehend gestillt sei, lag völlig daneben. Die Züchtungsarbeit lief weiter auf Hochtouren und bescherte der Welt Jahr für Jahr neue Auslesen. Weitere Sorten und ganze Zuchtlinien drangen auf den Markt. Manche hielten sich, andere verschwanden fast so schnell wie sie gekommen waren. Auch wenn heute erste große Jungpflanzenbetriebe in Übersee stecklingsvermehrte Heuchera kultivieren, so wurden in der jüngeren Vergangenheit Purpurglöckchen fast ausnahmslos In-Vitro vermehrt. Verspricht eine Sorte dem produzierenden Labor keinen Erfolg mehr, so wird sie kurzerhand aus dem Programm genommen und ist damit selbst für begeisterte Pflanzenliebhaber kaum mehr erhältlich. Neuheiten hingegen versprechen stets Mehrwert und damit lukrativere Einnahmen für die Pflanzenproduzenten. Was Wunder, dass sich das Sortenkarussell immer schneller dreht. Macht es da noch Sinn, Sichtung derart sich rasch ändernder Sortimente zu betreiben? Diese Frage diskutierten die Vorstandsmitglieder des Bunds deutscher Staudengärtnereien sehr ausführlich und durchaus kontrovers. Der Wunsch durch die Sichtung verlässliche Ergebnisse über Dauerhaftigkeit und Wert der Pflanzen in Grünanlagen zu erhalten, obsiegte letztlich über die Befürchtung, dass das zukünftige Züchtungsgeschehen die Ergebnisse der kosten-, zeit- und arbeitsaufwändigen Sortimentsbeurteilung schon bald als überholt erscheinen lassen. So wurden in einer Ergänzungssichtung in Bonn, Düsseldorf, Ellerhoop, Erfurt, Höxter, Weihenstephan und Wien mehr als 120 Heuchera-Sorten aufgepflanzt, die seit 2000 neu in den Handel gelangt sind. Bei den Ergänzungssichtungen werden ausschließlich neue Formen geprüft werden, von denen zu erwarten ist, dass sie noch sortenecht im Umlauf sind. So wird auf die sonst übliche Überprüfung der Sortenechtheit verzichtet. An den beteiligten Sichtungsstandorten wurde das umfangreiche Sortiment von 2014 bis 2016 unter Verwendung des gleichen Bewertungsbogens wie in der Erstsichtung beurteilt. Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen, Gesamteindruck, Blattschmuckwirkung und Vitalität wurden etwas höher bewertet als Winterhärte, Reichblütigkeit, Standfestigkeit der Blütenstiele, Blütenschmuckwirkung und Winterwirkung der Pflanzen. Mit in die Sortimentsprüfung aufgenommen wurden mit ‘Beauty Colour’, ‘Can Can’, ‘Cappuccino’, ‘Chocolate Ruffles’, ‘Molly Bush’, ‘Plum Pudding’, ‘Purple Petticoats’ ‘Strawberry Swirl’ und ‘Stormy Seas’ einige Vergleichssorten, die bereits in der Erstsichtung bewertet wurden.

Enormer Züchtungsfortschritt

Kann Heuchera als Paradebeispiel für immer schneller sich verändernde Staudensortimente angesehen werden, so ist die Gattung gleichfalls ein Leuchtturm züchterischen Schaffens. Die heute erzielte Vielfalt an Blattfarben und –formen war wohl kaum zu erahnen, als mit Heuchera villosa fo. purpurea ‘Palace Purple‘, damals noch fälschlicherweise als Abkömmling von Heuchera micrantha var. diversifolia angesehen, 1980 erstmalig eine rotlaubige Heuchera das Sortiment rockte. Die erste Sichtung prüfte noch ausschließlich grün- und purpurlaubige Sorten, die teils auffällige Blattzeichnungen und unterschiedlich geformte Blattränder aufwiesen. Mit ‘Amber Waves‘ erschien 2000 erstmalig eine bernsteinfarbene Auslese. Weitere folgten, cremefarbene und zitronengelbe Blattschmuckvarianten gesellten sich dazu. Selbst pfirsichfarbene und strahlend orangerote Varianten stehen heute zur Gestaltung farbintensiver Pflanzungen zur Verfügung. Pflaumen- und himbeerfarbene Züchtungen fehlen ebenso wenig. Die Blattfärbung der einzelnen Sorten ist in starkem Maße abhängig von der Belichtung und im Jahreslauf veränderlich. So ist die Farbausprägung der buntlaubigen Varianten an hellen, sonnigen Standorten intensiver ausgeprägt, doch verlangen gelblaubige Formen nach Schutz vor direkter Einstrahlung und auch ockerfarbene sollten nicht ganztägig der Sonne ausgesetzt sein. In der Regel präsentieren die Pflanzen zu Beginn der Vegetationsperiode die üppigste Kolorierung bevor die Blattspreiten später etwas aufhellen oder vergrünen. Im späten Herbst stellt sich indes bei manchen, insbesondere bei den orangerot gefärbten Sorten noch einmal ein zweites Farbcrescendo ein. Ergänzend zur Ausdehnung der Farbpalette hat sich Beachtliches im Hinblick auf die Höhenentwicklung getan. Mittlerweile gibt es Formen mit opulentem Wuchs zu bestaunen. So existieren mit ‘Bronze Beauty‘, ‘Brownies’ oder ‘Mocha‘ urwüchsige Sorten, deren Blatthorste nicht selten über einen halben Meter hoch werden. Behaarte Blätter, hohe Wuchskraft und späte Blütezeit zeugen von einem großen Einfluss von Heuchera villosa in der Entstehungsgeschichte dieser Sorten. Die Blattschöpfe werden von mitunter doppelt so hohen, doch wesentlich filigraner wirkenden Blütenständen überragt. Ist alles nur Show, welche den Verkaufserfolg sichert und allenfalls kurzfristiges Gartenglück beschert, oder handelt es sich doch um brauchbare, langlebige Gartenpflanzen? Die aktuellen Sichtungsergebnisse geben eine eindeutig zweideutige Antwort: sowohl als auch! Am Ende der Sortimentsprüfung stehen 43 entbehrlichen fast ebenso viele ausgezeichnete oder sehr gute Sorten gegenüber.

Boniturbogen

Für jedes Sichtungssortiment wird eigens festgelegt, welche Kriterien bewertet und wie diese bei der Endauswertung gewichtet werden. Den Boniturbogen zur Bewertung der Heuchera-Formen finden Sie hier zum Herunterladen als pdf-Datei.

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