Miscanthus - Sichtung

Miscanthus-Sichtung

Informationen zur Sichtung und zur Pflanzengruppe

Buntlaubige Miscanthus

Lange bevor grünlaubige Gräser Einzug in die Gärten hielten, offerierten zahlreiche Gärtnereien bereits Großgräser mit panaschiertem Laub. So zählen Chinaschilf-Auslesen mit auffallender Blattzeichnung neben Arundo donax 'Variegatus' zu den am längsten verwendeten Ziergräsern in unseren Gärten. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts fanden sich Sorten wie Miscanthus sinensis 'Zebrinus' und 'Variegatus' im Sortiment von Kunst- und Handelsgärtnereien. Die attraktiven Blattschmuckstauden wurden aufgrund ihres mächtigen Wuchses und entsprechend der damaligen Mode zum solitären Gebrauch, so beispielsweise für Einzelstellung im Rasen empfohlen. Lange tat sich hinsichtlich der Entwicklung weiterer buntlaubiger Varianten nicht viel. Außer einigen wenigen aus bestehenden Formen entstandenen Sports wie 'Strictus', die lange auch unter der Bezeichnung 'Zebrinus Strictus' gehandelt wurde, und 'Silberpfeil', die Heinz Klose aus 'Variegatus' ausgelesen hat, herrschte Stillstand im Sortiment. Erst als sich Ernst Pagels Ende der 1970er Jahre der Züchtung von Miscanthus angenommen und schon bald danach blühende Klone selektiert hat, ist Bewegung in das bis dahin übersichtlich erscheinende Sortiment gekommen. Neben seinen überaus zahlreichen grünlaubigen Auslesen hat er mit der zuverlässig blühenden Sorte 'Giraffe' zwar nur eine eigene Züchtung mit gelben Querstreifen erzielt, doch mit seinen sicher blühenden und fruchtenden Selektionen hat er den Grundstein für die weitere Sortimentsentwicklung gelegt. Neben den kaum mehr zählbaren Blütenschmuckformen sind in den letzten beiden Jahrzehnten, begünstigt durch die Nutzung der In-Vitro-Vermehrung, auch zahlreiche panaschierte Varianten entstanden, die sich hinsichtlich Höhe, Breite der Blattspreiten, Art der Blattzeichnungen und Blühverhalten zum Teil erheblich unterscheiden. Viele von ihnen blühen nicht oder nur in äußerst warmen Sommern, andere so spät, dass keine Samen reifen. Anders als bei einem großen Teil ihrer grünen Verwandten ist die Selbstaussaat aktuell bei dieser Gruppe kein Thema. Es ist jedoch sehr auffallend, dass in den vergangenen beiden äußerst warmen Jahren Sorten Blütenstände hervorgebracht haben, von denen dies nicht erwartet wurde. Wer hätte sich vor Jahrzehnten ausgemalt, dass Formen wie 'Variegatus', 'Strictus' oder 'Gracillimus' selbst in kühlen Regionen Mitteleuropas Blütenhalme hervorschieben?  Da das Blühverhalten von Miscanthus von der jährlichen Temperatursumme abhängt, dokumentiert die Gattung wie kaum eine andere die aktuelle Klimaerwärmung. Extremtemperaturen in Verbindung mit hoher Einstrahlung führen indes bei buntlaubigen Formen zur Schädigung der hell gefärbten Blattsegmente. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass die Blattverbrennungen auf der Südseite umso größer sind, je flächiger ausgeprägt die Panaschierung ist. Trockenphasen überstehen eingewachsene Miscanthus-Sorten hingegen erstaunlich gut. Sie bleiben dann jedoch in ihrer Höhenentwicklung deutlich zurück. Zum guten Gedeihen braucht es also ausreichend Wasser und eine gute Nährstoffversorgung.

Sortenechtheit und Sichtung

Angesicht des gewachsenen Sortiments, das nun nicht nur mehr die bekannten hochwüchsigen Formen umspannt, beschloss der Arbeitskreis Staudensichtung bereits 2013 die panaschierten Chinaschilf-Sorten auf ihren Verwendungswert zu testen. Die Überprüfung der Sortenechtheit im Sichtungsgarten Weihenstephan zeigte etliche Unstimmigkeiten im Sortiment. Neben einigen kleineren leicht zu klärenden Verwechslungen, waren überraschender Weise alle drei aus verschiedenen Gärtnereien gelieferten 'Zebrinus' unterschiedlich. Keine der eingereichten Pflanzen war sortenecht, so dass zur Vermehrung Teilstücke eines schon lange im Sichtungsgarten stehenden Exemplars gesendet wurden. Schwierigkeiten bereitete ebenso die Klärung der Frage, ob es Unterschiede zwischen 'Goldfeder' und 'Goehrings Goldfeder' gibt, die zum Ende der Sichtung klar verneint werden konnte. 'Goehrings Goldfeder' ist seit langem unter dieser Bezeichnung im Sichtungsgarten Weihenstephan vorhanden. Da unter diesem Namen jedoch keine Pflanzen im Handel angeboten werden, wird die Bezeichnung nicht weiter verwendet. Einem Hinweis von Jürgen Knickmann ist die späte Erkenntnis zu verdanken, dass es sich bei der unter dem Namen 'Summer Breeze' eingereichten Pflanzen um die geschützte Sorte 'Gold Breeze' handelt.

Nach der abschließenden Sortimentsbegehung durch Friedrich Camehl, Christian Meyer und Ulrike Leyhe erfolgte die Vermehrung des Sortiments durch die Gärtnerei Zillmer in Uchte. Die Jungpflanzen wurden 2015 in Dresden, Ellerhoop, Erfurt, Höxter, Quedlinburg, Wien und Weihenstephan aufgepflanzt und nach einer verlängerten Anwachsphase von 2017-2019 auf ihren Verwendungswert in Gärten und Parkanlagen begutachtet. Neben der Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten, Standfestigkeit und Winterhärte waren vor allem die Blattschmuckwirkung und der Gesamteindruck der Pflanzen entscheidende Kriterien für die Bewertung der Sorten.

Varianten mit längsgestreiftem Laub

Die altbekannte und weit verbreitete 'Variegatus' ist noch immer eine ausgezeichnete und verlässliche Gartenpflanze. Ihr Wuchs ist aufstrebend, die Blattspreiten weisen weiße Ränder auf und hängen bogenförmig über. Die Sorte blüht spät und nur nach warmen Sommern, was kein Nachteil ist, da sich die Blatthorste ohne Blütenbildung insgesamt geschlossener und homogener zeigen. 'Silberpfeil' präsentiert sich ähnlich, wirkt jedoch durch die deutlich breiteren weißen Blattränder wesentlich heller. Von den breitblättrigen Varianten ist es unbestritten die Sorte mit der auffälligsten Fernwirkung. Da die Halme nach einigen Jahren leicht auseinanderkippen, wurde die eindrucksvolle Auslese mit „sehr gut“ etwas schwächer bewertet als 'Variegatus'. 'Caberet' und 'Condensatus' werden meist Miscanthus sinensis var. condensatus zugeordnet. Die Varietät stammt aus Japan, da sie sich aber von Miscanthus sinensis genetisch nicht klar abgrenzen lässt, ist ihr taxonomischer Status umstritten. Die beiden Formen besitzen etwas geringfügig breitere Blätter als vorgenannte Sorten. Während 'Cosmopolitan' mit weißen Blatträndern und mitunter auch einem verbreiterten Mittelstreifen aufwartet, bringen die Blattspreiten von 'Caberet' mittig helle Streifen hervor. Die Sommerwärme der vergangenen Jahre war ausreichend, dass 'Cosmopolitan' ab Mitte Oktober mit hellen Blütenrispen schmückt. 'Cabaret' hat einen höheren Wärmebedarf und blüht meist nicht. 'Morning Light' und 'Morning Bright' sind zwei schmalblättrige, sehr gefällig wirkende Spielformen, von denen ’Morning Light’ die deutlich wuchskräftigere ist. Obgleich sich die Pflanzen anfänglich etwas zögerlich entwickeln, sollte man sich nicht täuschen lassen. Auf zusagenden Standorten können die vasenförmigen Horste nahezu zwei Meter hoch werden, auch wenn die Sommerwärme in den meisten Regionen Deutschlands kaum ausreicht, dass sich rotbraune Blütenstände entwickeln oder diese sich sogar über die dichten Blatthorste hinausrecken. Die schmalen Blattspreiten von 'Morning Light' sind weiß gerandet, gelegentlich sind die weißen Mittelstreifen etwas verbreitert. 'Morning Bright' erscheint merklich heller. Ihr weißes Laub wird von schmalen grünen Längsstreifen durchzogen. Die Blattspreiten hängen elegant über. Die locker aufgebauten Horste bleiben deutlich niedriger, sodass das Gras selbst in kleinen Gärten einen Platz finden kann. Blüten darf man jedoch in unseren Breiten nicht erwarten.

Während es mehrere überzeugende Auslesen mit weißen Längsstreifen oder gelben Querstreifen auf den Blattspreiten gibt, gestaltet sich die Suche nach auffälligen Selektionen mit gelben Längsstreifen weitaus schwieriger. 'Luc André Lepage' besitzt gelbgrüne Blattränder, die sich vom sonstigen Grasgrün nur undeutlich abheben, und auch die beiden Miscanthus x giganteus -Sorten 'Jubilar' und 'Gilt Edge' fallen nicht gerade durch eine überzeugende Fernwirkung ins Auge. So bleibt lediglich 'Goldfeder', deren hellgelbe Streifen an Blatträndern und in der Blattmitte einen aparten Blattschmuck liefern. Es dauert etwas, bis sich die locker aufgebauten Horste zur vollen Schönheit entwickeln. Die Sorte blüht sicher und zeigt ansprechende rotbraune Rispen, die sich deutlich über die Blatthorste hinausstrecken und sich klar von diesen absetzen.

Sorten mit gelben Querstreifen

'Zebrinus' ist wohl die „Urform“ des heute auf einen beachtlichen Umfang angewachsenen Ensembles an Sorten mit cremegelben Querstreifen. In früheren Veröffentlichungen wird häufig darauf verwiesen, dass die Pflanzen etwas empfindlich wären und im Winter geschützt werden sollten. Auch wenn dies heute nicht mehr nötig ist, erscheint es weiterhin sinnvoll, nicht nur buntlaubige Miscanthus grundsätzlich im Frühjahr zu pflanzen. Die Blattspreiten von 'Zebrinus' hängen locker über. Die gelben Querstreifen entwickeln sich nach dem Austrieb nur zögerlich. Die rotbraunen Blütenrispen erscheinen ab September. Bezüglich Wuchs, Höhenentwicklung und Blühverhalten ähnlich präsentiert sich die Sorte 'Giraffe', deren Blattspreiten jedoch deutlich schwächer gelb gezeichnet sind, so dass die Pflanzen weniger auffällig wirken. Intensiver gefärbt ist die ebenfalls hoch wachsende 'Leopard', die hellere Blütenrispen hervorbringt und deren Blattspreiten anfangs weniger stark überhängen.

Vereinfacht dargelegt können 'Etincelle', ’Little Zebra' und 'Pünktchen' als niedrigere und schmalblättrige Schwestern der drei zuvor genannten Sorten bezeichnet werden. Als beste von ihnen wurde ’Little Zebra' mit sehr gut bewertet. Ihre vieltriebigen Horste fallen durch eine dichte Belaubung auf, wobei die Blattspreiten locker bis auf den Boden überhängen. Es ist eine reich und sicher blühende Variante. Etwas aufrechter und höher, doch ebenfalls ansehnlich präsentiert sich 'Pünktchen'. Aufgrund der wesentlich geringeren Panaschierung wurde die sonst ähnliche 'Etincelle' als entbehrlich eingestuft, obgleich sie ebenfalls mit zahlreichen schmuckvollen Blütenrispen zu beeindrucken weiß.

Einen straff aufrechten Wuchs zeigt das Stachelschweingras. Durch die nach oben gerichteten Blattspreiten wirkt die Panaschierung noch auffälliger als bei 'Zebrinus' und 'Leopard'. Miscanthus sinensis 'Strictus' ist eine imposante Erscheinung und – obgleich schon in die Jahre gekommen – noch immer eine hervorragende Gartenpflanze. Blüten erscheinen nur in sehr warmen Lagen, was eher positiv zu werten ist, da die Horste dann geschlossener wirken. 'Gold Breeze' bleibt etwas niedriger und fällt wie die noch kleinere 'Gold Bar' durch eine intensivere Panaschierung ins Auge. Bezüglich der Farbwirkung übertreffen die beiden ebenfalls aufrecht wachsenden Züchtungen 'Strictus', doch geht mit den flächigeren Aufhellungen verstärkt die Gefahr von Blattverbrennungen einher.

Panaschierte Miscanthus x giganteus-Formen

Die Hybride Miscanthus x giganteus und ihre Formen übertreffen die Auslesen von Miscanthus sinensis deutlich an Höhe. Auch breiten sich ihre Horste stärker aus, was wohl dem genetischen Einfluss des stark ausläuferbildenden Elternteils Miscanthus sacchariflorus geschuldet ist. Doch nicht das enorme Ausmaß der Pflanzen, sondern vielmehr die starke Aufkahlung der Halme, war ein wesentlicher Grund für die schlechte Bewertung aller buntlaubiger Formen des Riesen-Chinaschilfs. Aus der Nähe betrachtet, blicken kleinere Personen schon im Spätsommer nahezu ausschließlich auf kräftige braune Stängel, die allenfalls von bereits verbräunten Blattspreiten garniert werden. Der Schopf an Blättern im oberen Viertel der Pflanze offenbart indes bei keiner der geprüften Sorten ein allzu auffälliges Farbspiel. Das Laub von 'Jubilar' zeigt gelbgrüne Längsstreifen, die sich jedoch nur undeutlich vom übrigen Grasgrün abheben. Ähnliches gilt für 'Gilt Edge', deren Blattspreiten gelbe Ränder sowie einen gelblichen Streifen in der Blattmitte aufweisen. Die cremegelben Querstreifen im Blattwerk von 'Lottum' fallen ebenfalls nicht besonders auf. Immerhin färben die Blattspreiten im Herbst verlässlich und ansprechend orangebraun. Die im Register des Europäischen Sortenamts fälschlicher Weise Miscanthus sinensis zugeordnete Sorte ist damit eine der wenigen Formen unter den buntlaubigen Miscanthus, welche eine ansprechende Herbstfärbung zeigt. Je höher der Anteil aufgehellter Blattsegmente ist, desto geringer scheint die Neigung zur Ausprägung attraktiver Farbbilder im Herbst zu sein. Diesbezüglich sind grünlaubige Sorten wie 'Malepartus', 'Rotpfeil', 'Sirene', 'Undine' und viele andere ihren panaschierten Verwandten deutlich überlegen.

Boniturbogen

Für jedes Sichtungssortiment wird eigens festgelegt, welche Kriterien bewertet und wie diese bei der Endauswertung gewichtet werden. Den Boniturbogen zur Bewertung der Miscanthus-Formen finden Sie hier zum Herunterladen als pdf-Datei.

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