Phlox - Sichtung

Phlox-Sichtung

Informationen zur Sichtung und zur Pflanzengruppe

Empfehlenswerte Flammenblumen

Nein, Phlox-Sichtungen sind nicht einfach! Sie waren es nie und sie werden es wohl nie sein. Anders als in ländlichen Gärten des Alpenvorlands, die durch wüchsige und prachtvoll blühende Horste manch pflanzenaffinen Passanten an den Zaun locken, stehen die Auslesen und Züchtungen in den Sichtungsgärten nicht in Kombination mit anderen Beetstauden oder Sommerblumen, sondern gedrängt in Reih und Glied - sechs Pflanzen pro Sorte, viele Sorten nebeneinander. Der Befallsdruck durch Schaderreger wie Pilze, Bakterien und Nematoden ist daher ungleich höher als in Privatgärten, die Pflege weniger intensiv. Auf Zufuhr organischer Substanz durch regelmäßige Gaben von abgelagertem Mist oder Kompost müssen die Pflanzen an den Prüforten verzichten. Gegossen wird nicht mit der Gießkanne, sondern im ungünstigsten Fall mit Kreisregnern, wenn die Installation einer Tropfbewässerung nicht möglich und das händische Gießen zu aufwändig ist. Lassen sich die schönsten Flammenblumen im kühlen Bergland auf nährstoffreichen, durchlässigen Lehmböden bewundern, müssen sich die Sichtungspflanzen an klimatisch weniger begünstigten Standorten beweisen. So war das Sortiment der im Zeitraum von 2018 bis 2021 zu prüfenden Phlox-Sorten in Bernburg, Dresden, Ellerhoop, Erfurt, Hannover, Heidelberg, Nürtingen, Weinheim, Weihenstephan und Wien zur Bewertung aufgepflanzt. Dass Standorte mit starken kontinentalen Klimaeinflüssen oder Weinbauklima nicht die besten Voraussetzungen für ein üppiges Phlox-Wachstum mitbringen, ist bekannt. Trocken-heiße Witterungsperioden in den ersten beiden Sichtungsjahren begünstigen das Wachstum der oft gepriesenen Gartenschätze ebenfalls nicht. Aber die Aufgabe der Sichtung ist es ja gerade zu eruieren, welche Staudensorten für die allgemeine Verwendung im mitteleuropäischen Raum zu empfehlen sind. Die Auswertung der an mehreren Standorten mit unterschiedlichen Boden- und Klimabedingungen gewonnenen Erkenntnisse wird letztlich zu einem verlässlichen Kompass, der aufzeigt, welche Sorten ohne Pflanzenschutzmaßnahmen dauerhaft erfolgreich in Grünanlagen verwendet werden können.

In seiner Arbeitstagung 2015 beschloss der Arbeitskreis Staudensichtung das mittlerweile auf rund 20 Sorten angewachsene Sortiment der als besonders robust eingeschätzten Phlox amplifolia-Varianten zu prüfen. Um die Unterschiede in Gesundheit, Vitalität und Blühverhalten gegenüber bewährten Phlox paniculata-Auslesen einschätzen zu können, wurden sieben Sorten aus dem Perenne-Empfehlungssortiment, die in früheren Sichtungen sehr gut bewertet wurden, zum Vergleich aufgepflanzt. Die Überprüfung der von den Staudengärtnereien eingereichten Pflanzen auf korrekte Benennung fand 2017 in Weihenstephan unter Mitwirkung der Phlox-Experten Christian Kress, Christian Maier sowie Ulrike Leyhe statt. Nach der Vermehrung des Sortiments durch die Staudengärtnerei Gaißmayer wurden die als sortenecht eingestuften Pflanzen 2018 an zehn Sichtungsstandorten aufgepflanzt und von 2019 bis 2021 auf ihren Verwendungswert geprüft. Wie vom Arbeitskreis Staudensichtung vorab beschlossen, wurden dabei Gesamteindruck und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge höher gewichtet als Winterhärte, Standfestigkeit, Reichblütigkeit und Blütenschmuckwirkung.

Als die Sichtungspflanzen zusammengetragen wurden, geschah dies in der Annahme, dass die vermeintliche Robustheit der Züchtungen Schimanas und Anderer auf den Einfluss der Breitblatt-Flammenblume (Phlox amplifolia) zurückzuführen sei. Schon damals erschien jedoch eine verlässliche Zuordnung einzelner Klone wie 'David' zu Phlox amplifolia oder Phlox paniculata fraglich. Es wurde vermutet, dass die beiden Arten Bastarde bilden und einige Sorten hybride Nachkommen dieser Eltern seien. Erst die in Gartenpraxis 10/2018 veröffentlichten Untersuchungen von Peter Zale machten deutlich, dass Phlox amplifolia in Europa überhaupt nicht und in den USA noch äußerst selten in Kultur ist. Keine der geprüften Sorten zeigt gelbe Pollen, klebrige Blütenröhren und Blütenstiele oder borstig behaarte Blattspreiten, welche als typische Charakteristika von Phlox amplifolia herausgestellt werden. Bei den zunächst zu dieser Art gestellten Sorten handelt es sich demnach ebenfalls um Abkömmlinge von Phlox paniculata. Dass viele der vermutlich von einem Ökotyp aus dem südlichen Verbreitungsgebiet dieser Art abstammenden Sorten dennoch eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten aufweisen, bestätigt der Vergleich mit den Pflanzen aus dem Perenne-Empfehlungssortiment im Sichtungszeitraum. Die altbekannten Phlox paniculata zugeordneten Sorten erwiesen sich als krankheitsanfälliger und weniger wüchsig. Sie konnten in der Gesamtbewertung in keiner Weise mit den besten, vormals zu Phlox amplifolia gestellten Formen konkurrieren, auch wenn sich einzelne Sorten - wie 'Kirmesländler' und 'Bright Eyes' im Sichtungsgarten Weihenstephan – an wenigen Standorten ansprechend präsentierten. Doch auch zwischen den bisher fälschlicherweise dem Breitblatt-Phlox zugeordneten Formen gibt es beachtliche Unterschiede bezüglich Aussehen, Vitalität und Widerstandsfähigkeit gegenüber Schaderregern.

Die besten Sorten

Im Rahmen seiner jährlichen Koordinationssitzung in Erfurt wurde vom Arbeitskreis Staudensichtung mit 'Christine' lediglich eine Sorte mit drei Sternen ausgezeichnet. Die zur Entscheidungsfindung ermittelte Punktzahl, die auf der Bewertung aller zehn Standorte über die drei Sichtungsjahre hinweg basiert, lag dabei deutlich über den Werten der als sehr gut eingestuften Sorten. Sieht man von ausgesprochen sommertrockenen Regionen ab, beeindruckt die von Jan Spruyt ausgelesene Sorte durch hohe Vitalität und hervorragende Widerstandsfähigkeit gegen Echten Mehltau. Die Pflanzen bilden kurze Ausläufer. Die gut verzweigten 80 bis 100 cm hohen Stängel sind von Grund auf reich belaubt. Ein Aufkahlen der Horste wie bei vielen anderen Sorten bleibt aus. Die vergleichsmäßig kleinen, sich nicht überlappenden rosafarbenen Blütenblätter werden zur Mitte hin dunkler, ohne dass sich daraus ein klar abgegrenztes Auge im Zentrum der Blüte ergibt.

In der von 2007 bis 2010 durchgeführten Prüfung von Staudenneuheiten schnitten 'Winnetou' und 'Minnehaha' hervorragend ab. Mittlerweile tauchen bei den Pflanzen jedoch Septoria-Blattflecken und mitunter sogar leichter Mehltaubefall auf, sodass sie in der abschließenden Bewertung einen Stern einbüßten und nun als "sehr gute" Sorten eingestuft sind. Dass anfänglich vorhandene Resistenzen im Laufe der Zeit von veränderten Pilzstämmen durchbrochen werden können, zeigt sich in einem noch viel stärkeren Maß bei der von Rolf Peine stammenden Selektion 'Weiße Wolke'. Erschien die Sorte vor 20 Jahren noch völlig gesund, erweckt sie heute mancherorts den Anschein, dass der Sortenname nicht auf die reinweißen Blüten, sondern auf die durch Echten Mehltau verursachten weißen Blätter zurückzuführen sei. Dass die Auslese noch als gut eingestuft wurde, verdankt sie der Tatsache, dass sie sich an den verschiedenen Standorten sehr unterschiedlich präsentiert, ohne dass sich dabei eine bestimmte Präferenz für Klima oder Boden ableiten ließe, die die Bewertung Lokalsorte rechtfertigen würde. Aber auch das ist nicht neu: Im Gespräch mit Phlox-Freunden ist es immer wieder zu erleben, dass einer über eine bestimmte Sorte geradezu schwärmt, was bei seinem Gesprächspartner aufgrund völlig andersartigen Erfahrungen auf absolutes Unverständnis stößt. Unstrittig hingegen ist, dass 'Winnetou' als wahrer Dauerblüher eine große Bereicherung im Sortiment ist. Im wandernden Licht weit auseinander stehender Gehölze blühen die vitalen Pflanzen von Ende Juni bis Mitte September und verströmen dabei – wie manch andere Sorte - einen sehr angenehmen Duft. Während 'Winnetou' kräftig rosaviolette Blüten mit hoher Leuchtkraft und dunkelrotbraun gefärbte Stängel präsentiert, bringt 'Minnehaha' etwas fülligere Blütenstände in einer helleren, sanft rosa-violetten Tönung mit auffälligerem roten Auge im Zentrum der Blüte.

Wie 'Winnetou' und 'Minnehaha' wurden 'Apanatschi' und 'Tecumseh' von Walter Schimana ausgelesen. Es sind ebenfalls sehr wertvolle Gartenpflanzen. Die wuchskräftige ‘Tecumseh‘ zählt zu den großblütigen Varianten und fällt durch ihre satt rosafarbenen Blütenkuppeln ins Auge, die eine leichte Lachstönung erkennen lassen. Eine geringere Fernwirkung ist 'Apanatschi' zu eigen, deren Blüten zwar ebenfalls groß sind, aber durch die zartrosa Tönung mit violettrosa Auge weniger Leuchtkraft entwickeln. Die Horste kahlen etwas auf, so dass die Kombination mit anderen Stauden zu empfehlen ist, die dieses Manko kaschieren, welches bei schwächer bewerteten Sorten zum Teil deutlich stärker ausgeprägt ist.

Das Ensemble der Zwei-Sterne-Sorten wird durch zwei Auslesen aus dem Hause Zillmer komplettiert. 'Augenstern' ist eine sehr reichblühende Sorte mit hell rosafarbenen, zur Mitte hin dunkleren Blüten und schmalen Blättern. Die wüchsigen Pflanzen entwickeln kurze Ausläufer. Ihre Stängel kahlen kaum auf, erreichen aber unterschiedliche Wuchshöhen, so dass daraus keine einheitlich hohen Bestände resultieren. Im Privatgarten erscheint das Einkürzen der höheren Stiele zur Verbesserung der Standfestigkeit überlegenswert. Ein ähnliches Wuchsbild wie 'Augenstern' präsentiert 'Spätsommer', die jedoch deutlich größere Wuchshöhen erreicht. Anders als der Name vermuten lässt, zählt die hell violettrosa blühende Auslese nicht zu den spät blühenden Sorten. Ihre Blüten zeigen im Zentrum ein purpurrotes Auge.

Gut – aber nicht überall verlässlich

Neben den ausgezeichnet oder sehr gut bewerteten Sorten, die für die Verwendung in Grünanlagen grundsätzlich empfohlen werden können, wurden einige weitere als gut bewertet. Es sei jedoch nicht verschwiegen, dass gerade diese Varianten sich an den einzelnen Standorten sehr unterschiedlich präsentierten. So zählte beispielsweise die reinweiß blühende 'Waupee' an einzelnen Standorten zu den eindrucksvollen Gestalten. An mehreren anderen Standorten ergab sich ein völlig anderer Sachverhalt. Besonders in sommertrockeneren Regionen entwickeln sich die Pflanzen schwach und fallen durch starke Krankheitsanfälligkeit auf. Ähnliches gibt es von 'Great Smoky Mountains' zu berichten. Die kleinblütige Sorte wartet mit lockeren Blütenständen in einem zarten Lila auf. Sie bringt kurze Ausläufer hervor und lässt sich aufgrund ihres naturhaften Charakters gut in Wildstaudenpflanzungen einbeziehen. Trockenphasen führen jedoch schnell zu Mehltaubefall. Die spätblühende 'Kurpel' zeigt einen etwas kräftigeren violetten Farbton und deutlich größere Blüten, die gedrängt in Kuppeln zusammenstehen. Der Schönheit ihrer Blütenstände steht die Krankheitsanfälligkeit der Pflanzen entgegen. Ähnliches gilt für 'Pink Lady', die jedoch zu den kleinblütigen Varianten zählt. Ihre kräftig rosafarbenen Blüten zeigen innen ein kleines rotes Auge. Die hohen Stängel kahlen stark auf und die Sorte bleibt selten von Pilzerkrankungen und Nematoden verschont. 'Erfurt' gefällt durch etwas leuchtkräftigere Blüten in einem ähnlichen Farbton. Die insgesamt größeren Blüten bilden ein ansprechendes Farbspiel mit den kräftig dunkelrot gefärbten Stielen. Leider sind die knapp einen Meter hohen Stängel nicht immer standfest.

Herkömmliche Verwendung überdenken

Die trocken-warmen Jahre der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass die Verwendung hoher Garten-Phloxe an vollsonnigen Standorten auch bei ausreichender Wasserversorgung zunehmend an Grenzen stößt. Dies wurde vor allem im heißen und phasenweise ehr trockenen Sommer 2018 überdeutlich. Die Pflanzen litten merklich und Echter Mehltau verursachte wahre „Müllersburschen“. Angesichts der raschen Klimaerwärmung ist die übliche Pflanzung der bezaubernden Duftpflanzen in sonnigen Rabatten wohl nur noch in kühl-feuchten Regionen erfolgsversprechend. Unter weniger günstigen Verhältnissen sind die Abkömmlinge von Phlox paniculata besser an absonnigen Standorten zu pflanzen. Der kühlende Streuschatten licht stehender Gehölze trägt zum besseren Gedeihen der Pflanzen bei. Stärkerer Wurzeldruck konkurrenzkräftiger Bäume und Sträucher ist für die Entwicklung der Pflanzen hingegen abträglich. Die Verwendung an halbschattigen Wuchsorten ist dabei keinesfalls widernatürlich. In seiner nordamerikanischen Heimat wächst die Hohe Flammenblume nicht nur flussbegleitend auf feuchten Wiesen und auf Berghängen, sondern kommt häufig in lichten Wäldern, Waldlichtungen und savannenartigen Szenerien vor. Die besten, widerstandsfähigsten Auslesen vermögen an ähnlichen Standorten im Garten dazu beitragen, dass schöne Bilder mit Phlox paniculata–Sorten selbst in weniger begünstigten Regionen nicht schon bald der Vergangenheit angehören.

Boniturbogen

Für jedes Sichtungssortiment wird eigens festgelegt, welche Kriterien bewertet und wie diese bei der Endauswertung gewichtet werden. Den Bewertungsbogen zur Bewertung der Panicum-Formen finden Sie hier zum Herunterladen als pdf-Datei.

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